Neben den beiden Grundprinzipien der maximalen, wirksamen Anwendung der Kraft (seiryoku zenyo) und der wechselseitigen Glückseligkeit (jita kyoei) ist Kuzushi eines der wichtigsten Wirkprinzipien des Judo.
Der Name Kuzushi stammt aus dem Japanischen und bedeutet übersetzt die „Balance brechen“ bzw. „aus dem Gleichgewichtbringen.“ In einer Sportart die ohne Waffen, Tritte und gefährliche Schlagtechniken auskommt, stehen neben Bodentechniken, Würfe und dazugehörige Falltechniken im Vordergrund. Kuzushi ist daher Voraussetzung für eine erfolgreiche Wurfausführung ohne großen Kraftaufwand. Es geht bei Kuzushi darum, das eigene Gleichgewicht zu halten und durch den richtigen Krafteinsatz im richtigen Augenblick mit der richtigen Geschwindigkeit die aktuelle Situation des Gegners (Uke) auszunutzen. Dies wird insbesondere durch Zug und Druck des Werfenden (Tori) auf den Gegner erreicht oder durch nachgeben, wenn der Gegner (Uke) selbst drückt und zieht, um sich somit seine Kraft nutzbar zu machen. Für Aussenstehende wirkt Kuzushi häufig wie eine Art Tanz zwischen Tori und Uke oder das Fallen von Uke scheint wie abgesprochen zu funktionieren.
Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Eine korrekt ausgeführte technische Form eines Wurfs führt einen zwar an Kuzushi heran, jedoch ist es zudem noch nötig den Schwerpunkt des Gegners, d. h. seine Körpermitte wahrzunehmen und für sich auszunutzen. Gleichzeitig ist auch das Reaktionsvermögen des Uke entscheidend, ob Kuzushi gelingt, denn indem der Uke den Griff des Tori löst, seine Position verändert und dadurch die eigene Balance wiederherstellt oder durch Muskelkraft blockiert, kann er eine Kuzushi Verhinderung und damit auch die durch Tori geplante Wurftechnik verhindern. Der Umgang mit solchen Situationen und mögliche Gegenmassnahmen, sowie die adäquate Ausführung der Technik, werden innerhalb des Trainings im Rahmen von methodischer Verlangsamung eingeübt, damit es gelingt, die Details von Kuzushi bewusst einzustudieren. Anhand der in der Grafik eingezeichneten Pfeile wird deutlich, wie über Zug und Druck und Blockieren Kuzushi gelingen kann.
Von Eva-Maria Schöffel